Carmina Burana / Catulli Carmina
Spielstätte: Florianstadel im Kloster Andechs
Die "Carmina Burana" muss man wohl niemandem mehr erklären oder beschreiben. Mit ihrer prallen Mischung aus Fatalismus, Spott, Liebe, Lebensfreude und Irrwitz machten sie Carl Orff zu einem der meistgespielten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Orff hat jedoch den "Carmina Burana" zwei weitere Werke zugeordnet: Das szenische Tanzspiel "Catulli carmina" und "Trionfi" als Abschluss des Zyklus. Für die "Catulli carmina" hat Irina Pauls eine neue choreografische Arbeit entwickelt, die innerhalb der Carl Orff Festspiele in Andechs 2014 ihre Premiere erlebt.
Klang und Rhythmus in Carl Orffs Komposition katapultieren uns in verschiedene Gefühlssphären, ekstatischer Überschwang höchster Lebensfreude bis hin zu melancholischen Selbstzweifeln: Die "Catulli Carmina" drängt zu Tanz und Bewegung!
Die Handlung dieser szenischen Parabel wird von Tänzern dargestellt. Chor, Sänger und Orchester interpretieren den Text, eine Auswahl an Liebesliedern des römischen Dichters Catullus, zusammengestellt von Carl Orff. In der Rahmenhandlung stehen sich Mädchen und junge Männer in höchster Liebesleidenschaft gegenüber. Direkt, frei von Tabus beharren sie auf die Erfahrung der Liebe als körperliche Empfindung. In unserer Neu- Inszenierung geht es um Körper, die von dem was sie einfordern, durchdrungen und ergriffen sind. Das Zusammenspiel von Tanz und Musik muss dafür dicht sein, ein ineinander schmelzen. Die Klänge des reichhaltigen Schlaginstrumentariums erzeugen bei den Tanzenden innere Vibration und lösen die Bewegung aus. Dafür lassen die Musiker den Rhythmus im körperlichen Kontakt zu den Tänzerinnen entstehen. Gemeinsame Schwingungen auf engstem Raum versetzen sie dabei in höchste Aufmerksamkeit füreinander. Dieses Pulsieren erzeugt die Energie, die auf uns Zuschauer die Erregtheit überträgt und die bedingungslose Liebesraserei fühlbar macht.
Jetzt setzt die eigentliche Handlung ein, "Theater auf dem Theater", denn eine Gruppe von Greisen versucht anhand der folgenden Geschichte die Jungen vor der körperlichen Liebe zu warnen: Catull wirbt um die angebetete Lesbia, sie betrügt ihn mit seinem Freund, Catull versucht sie bei Buhlerinnen vergeblich zu vergessen. Lesbia will zu Catull zurückkehren, aber er ist an dieser unerfüllten Liebe innerlich zerbrochen. In Carl Orffs Komposition hört man die Empfindsamkeit in den Versen des Catull in einer starken Intensität. Die tiefen Gefühle des biografischen "Ich" des Dichters finden in der Bewegungsqualität der tänzerischen Darstellung eine Entsprechung und Verdichtung. Wir sehen einen Tänzer, dessen Kosmos auf sich selbst gerichtet ist. Die Choreografie bewegt sich am abgegrenzten Ort. Der Tänzer tritt mit seinem Körper in Verbindung. Er sucht nach immer neuen Wegen für Bewegung und dringt auf diese Weise weiter zu den Möglichkeiten seines Körpers vor. Kontakt in eine "Außenwelt" gibt ihm die Korrespondenz zur Musik, die ihn dann wieder auf sich selbst zurückwirft. Bei den Versuchen des Versenkens in sich selbst vereinsamt er und endet in der Erschöpfung.
Dieses Wechselspiel von intensivem Ausloten der eigenen Körperlichkeit des Tänzers einerseits und dem dynamischen kraftvollen Zusammenwirken von Körper, Klang und Rhythmus der Tänzerinnen andererseits öffnet das weite Spektrum menschlicher Emotionen. Es macht das tragische Leiden und das leidenschaftliches Liebesbekenntnis durch den Tanz erlebbar. So findet es sich in der kompositorischen Anlage der "Catulli Carmina" von Carl Orff , die ihre Akzente ebenso aus gegensätzlichen Polen in der musikalischen Gestaltungsweise bezieht. Hinzu tritt die Kraft der Ostinato-Wirkung in Orffs Komposition, die auch für die choreografische Arbeit formgebend wirkt. Sehen Sie den Rhythmus den sie hören?
Irina Pauls
Besetzung
Musikalische Leitung: Christian von Gehren
Lichtkonzeption: Marcus Everding
Choreographie: Irina Pauls Orchester der Andechser ORFF®-Akademie des Münchner Rundfunkorchesters Andechser Festspielchor Fridolinspatzen des Gesangvereins Maisach
e. V. Jugendchor "Sound of Voices"
Es tanzen: Arthur Schopa und Studierende des Carl Orff- Instituts der Universität Mozarteum Salzburg: Johanna von Bibra, Johanna Bernet, Stephanie Grutschnig, Andrea Kraft, Patricia Lohinger, Alina Reißmann, Sara Wilnauer
Sopran: Ania Vegry
Tenor: Manuel König
Bariton: Hinrich Horn